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Pflegenotstand verhindern

Barmer Pflegereport 2021 zeigt akuten Handlungsbedarf. Landesdiakoniepfarrer Albrecht Bähr betont: pflegende Angehörige und ambulante Pflegedienste nicht vergessen

Berlin/Mainz/Speyer (dwp). Deutschland steht womöglich vor einem Pflegenotstand bislang ungeahnten Ausmaßes. Dieses Bild zeichnet der gerade veröffentlichte Barmer-Pflegereport 2021. Neue Hochrechnungen der Barmer zeigen, dass in knapp zehn Jahren deutlich mehr Pflegebedürftige versorgt werden müssen, als bislang angenommen. Danach sollen bis zum Jahr 2030 bei konservativen Annahmen mehr als 180.000 Pflegekräfte fehlen, auch, weil es mit dann insgesamt rund sechs Millionen Pflegebedürftigen über eine Million Betroffene mehr geben wird als bisher angenommen. Zugleich vergrößert sich damit der Bedarf an Pflegekräften sprunghaft.

Albrecht Bähr, Landesdiakoniepfarrer und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Diakonie in Rheinland-Pfalz betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Pflegeleistung von Familienangehörigen und der ambulanten Pflegedienste:

„80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause versorgt, entweder alleine von den Angehörigen oder von ambulanten Pflegediensten. Dieses Angebot entspricht dem Wunsch der Menschen, so lange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben zu können.“ 

Deshalb sei die Unterstützung und Entlastung pflegender Angehöriger ein wichtiger Baustein in jedem Pflegekonzept.

Die ambulanten Pflegedienste - wie die 32 Ökumenischen Sozialstationen auf dem Gebiet der pfälzischen Landeskirche - stehen ebenso wie Pflegeheime vor den im Pflegereport beschriebenen Herausforderungen, bestätigt Andrea Menn, Geschäftsführerin der  Arbeitsgemeinschaft für die Ökumenischen Sozialstationen. Viele Stationen kämpften aktuell zudem mit sehr hohen Krankheitsquoten. Andere Pflegekräfte reduzierten ihren Stundenumfang, da sie somit ihre persönliche Belastung reduzieren möchten. Ein weiteres Problem: In den nächsten Jahren gehen viele Pflegekräfte in den Stationen in Rente. Diese Ausfälle und Stundenreduzierungen könnten aber nicht mit Neueinstellungen gedeckt werden:

„Der Arbeitsmarkt ist komplett leergefegt.“

Diakonie-Vorständin Maria Loheide erklärt zum Pflegereport: "Der Barmer Pflegereport macht deutlich, dass der Handlungsbedarf für die Pflege noch akuter ist als bisher gedacht. Schon heute fehlen hunderttausend Pflegekräfte. In den nächsten Jahrzehnten wird die Anzahl der alten und pflegebedürftigen Menschen in Deutschland rasant ansteigen. Ein Pflegenotstand droht. Der Paradigmenwechsel, der von der neuen Regierung im Koalitionsvertrag angekündigt wird, muss zeitnah und konsequent umgesetzt werden: Der Dreh- und Angelpunkt der Pflegepolitik bleibt die Personalfrage. Wenn es nicht gelingt, die Arbeitsbedingungen in der Pflege spürbar zu verbessern, werden sich Menschen nicht für einen Beruf in der Pflege entscheiden und es wird sich die Situation in der Pflege dramatisch zuspitzen."

Um die pflegerische Versorgung sicherzustellen, muss die Personalausstattung nach dem vorliegenden Personalbemessungsverfahren in der stationären Altenpflege vollständig umgesetzt werden. "Diese Zusage erwarten wir von der Politik. Wir brauchen eine Roadmap, die über das Jahr 2025 hinausgeht und den stufenweisen Personalaufbau in den Pflegeeinrichtungen begleitet. Auch für die ambulante Pflege ist eine Entlastung der Personalsituation notwendig. Das Ziel muss sein, den Pflegeberuf insgesamt attraktiver zu machen, um Menschen für diesen schönen Beruf zu begeistern und damit Pflegekräfte gesund in ihrem Beruf bleiben können", so Loheide.