Häuslicher Gewalt und Stalking die rote Karte zeigen
Interventionsstelle bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen und bei Stalking (IST) hilft betroffenen Frauen
Kaiserslautern (dwp). Längst ist die Gleichberechtigung gesetzlich verankert. Trotzdem macht sie vor so mancher Tür halt, denn noch immer werden Frauen Opfer von häuslicher Gewalt. Tendenz steigend. In akuten Krisensituationen steht ihnen die Interventionsstelle bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen und bei Stalking (IST) im Haus der Diakonie Kaiserslautern zeitnah zur Seite. Vertraulich, kostenlos, opferparteilich und in einem geschützten Rahmen.
Die Betroffenen psychosozial zu unterstützen, sie im Rahmen des Gewaltschutzgesetztes über rechtliche Möglichkeiten zu informieren und sie bei Bedarf an andere Hilfeeinrichtungen zu vermitteln, sind die Hauptaufgaben der Interventionsstelle. Dabei arbeitet sie nach einem pro-aktiven Ansatz. „Das heißt, wird die Polizei zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen, informiert sie uns noch vor Ort darüber, vorausgesetzt, das Opfer ist damit einverstanden. Wir nehmen dann Kontakt mit der Betroffenen auf“, erklärt Melanie Klug-Mohrhardt, Mitarbeiterin der IST. „Mitten in einer Krisensituation sind die Frauen sehr sensibel. Da ist eine zeitnahe Intervention wichtig, mit dem Ziel, das Opfer zu schützen, die Gewalt zu unterbrechen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln“, beschreibt die Sozialpädagogin den Vorteil des pro-aktiven Ansatzes, der neben der Opferparteilichkeit die Arbeit der IST kennzeichnet.
Die IST Kaiserslautern ist eine von 17 Interventionsstellen in Rheinland-Pfalz, die auf das „Rheinland-pfälzische Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (RIGG)“ zurückgehen. Das Projekt wurde im Jahr 2000 mit Förderung vom Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend initiiert.
Als dritte Interventionsstelle im Land hat die IST Kaiserslautern 2004 ihre Arbeit aufgenommen, gefolgt von der IST Ludwigshafen, die in diesem Jahr ihr 15jähriges Bestehen feiert. Träger beider Einrichtungen ist das Diakonische Werk Pfalz.
„Da wir eng mit der Polizei zusammenarbeiten, ist unser Zuständigkeitsbereich nach deren Dienststellen in Kaiserslautern, Kusel, Landstuhl, Lauterecken und Rockenhausen ausgerichtet“, so Klug-Mohrhardt.
Von ihren Anfängen bis heute hat die Kaiserslauterer Stelle 3998 Beratungen durchgeführt, davon 301 im vergangenen Jahr und damit 31 mehr als 2018. Ein Anstieg, der über die Jahre zu beobachten ist. 96 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Zwar steht die Tür auch Männern offen, allerdings nur, wenn sie alleiniges Opfer von häuslicher Gewalt sind. „Handelt es sich um gegenseitige Aggressionen, stehen wir ganz klar auf Seite der Frau.“
Nicht alle Frauen werden von der Polizei vermittelt, manche melden sich aus eigenem Antrieb. Die meisten von ihnen sind körperlichen Angriffen ausgesetzt. Aber so wie Gewalt sich durch alle Gesellschaftsschichten und Nationalitäten zieht, hat sie auch sie auch viele Gesichter und kann sowohl psychischer als auch ökonomischer Natur sein. „Oft steigert sich die Gewalt, greift auf andere Bereiche über, bis sie miteinander verzahnt sind.“
Auch Frauen, die Opfer von Stalking im privaten Umfeld oder am Arbeitsplatz sind, erfahren Hilfe.
Etliches hat sich verändert, seit die IST ihre Arbeit aufgenommen hat. So ist das Klientel mittlerweile international. Deshalb gibt es Info-Flyer in verschiedenen Sprachen, Sprachmittlerinnen werden zu Beratungen hinzugezogen, um Verständigungsprobleme zu umgehen.
Die Organisation auf Landesebene und die Vernetzung der einzelnen Interventionsstellen habe sich intensiviert. Dazu trage eine Koordinationsstelle als Schnittstelle zwischen Landesministerium und Fachleuten bei.
Ein wichtiger Punkt sei auch das Hochrisiko-Management, das im Polizeipräsidium Kaiserslautern implementiert ist. Es dient Betroffenen, die besonderen Schutz brauchen. Mit einbezogen in das Projekt und die monatlichen Fallkonferenzen ist die Interventionsstelle, je nach Bedarf ergänzt durch Staatsanwaltschaft, Jugendamt, Ausländerbehörde oder andere Institutionen.
„Nach wie vor ist es uns ein Anliegen, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, damit unser Angebot bekannter wird und noch mehr Opfer häuslicher Gewalt erreicht“, sagt Melanie Klug-Mohrhardt. Sie wünscht sich für die Zukunft eine Aufstockung der Landesmittel, um sich verstärkt der Prävention zu widmen und dem zunehmenden Bedarf sowie der zunehmenden Komplexität innerhalb der Fallarbeit gerecht zu werden.