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Pressemeldungen

Grundsicherung armutsfest gestalten

Einmalzahlungen keine Dauerlösung für soziale Notlagen.

Der massive Preisanstieg bei Energie und Nahrungsmitteln zeigt überdeutlich: Deutschland braucht eine realistische, an die Inflation angepasste Grundsicherung und eine fest in den Sozialgesetzbüchern verankerte Regelung für soziale Notlagen. Immer neue Einmalzahlungen reichen nicht aus. Die Diakonie Deutschland schlägt vor, die Betroffenen ein halbes Jahr lang mit mindestens 100 Euro zusätzlich im Monat zu unterstützen. Diesen Krisen-Mechanismus könnte der Bundestag bei Bedarf in Kraft setzen, indem er eine  soziale Notlage feststellt. Dies wäre verlässlicher und würdevoller, als in jeder Krise aufs Neue über eine Notlösung für die Ärmsten zu beraten.

"Diese ewigen Einmal- und Bonuszahlungen haben etwas von Almosen", sagt Diakonie-Vorständin Maria Loheide: "Der Gesetzgeber muss die Grundsicherung armutsfest und krisensicher gestalten." Darüber hinaus brauche es eine Notlagenregelung und auch  dauerhaft höhere Regelsätze in der Grundsicherung.

Eine stichprobenartige Umfrage in den Beratungsstellen der Diakonie Anfang Mai zeigt, dass immer mehr Familien darüber klagten, dass sie ihren Kindern nicht mehr das kaufen könnten, was sie eigentlich brauchten, zum Beispiel Kleidung in der nächsten Größe. Teilweise seien die günstigen Lebensmittel in den Regalen der Supermärkte nicht mehr vorhanden, viele äußerten Zukunftsängste. "Immer mehr Menschen müssen darauf achten, dass am Ende des Monats überhaupt noch Lebensmittel eingekauft werden können", so Loheide.

Die Corona-Pandemie und die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise haben die Lage von Hartz-IV-Beziehenden und Menschen mit geringen Einkommen in Deutschland massiv verschärft. Insbesondere die steigenden Energiepreise stürzen in Armut Lebende in existenzielle Not. Es drohen Strom- und Gassperren. Die Diakonie Deutschland begrüßt die von der Bundesregierung vorgesehenen Einmalzahlungen an Hartz-IV-Betroffene sowie den Kindersofortzuschlag, kritisiert aber Höhe und Leistungsdauer. Eine wirksame  Krisenhilfe müsse sich über mehrere Monate erstrecken. Auch sei die Anpassung der Regelsätze für Hartz IV-Empfängerinnen- und Empfänger längst überfällig.

Nach Beschlüssen von Bundesregierung und Bundestag erhalten Kindergeldbeziehende ab Juli einen Sofortzuschlag von 20 Euro im Monat pro Kind sowie einen Einmalbonus für Kinder von 100 Euro pro Kind. Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen  bekommen einmalig 200 Euro. Hinzu kommt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen im September 2022.

Acht Millionen Menschen leben in Deutschland von existenzsichernden Leistungen wie Hartz IV, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Der monatliche Regelsatz liegt für Erwachsene bei 449 Euro und sollte aus Sicht der Diakonie rund 630 Euro im Monat betragen, bei andauernder Inflation entsprechend mehr. Zudem stellte das Bundesverfassungsgericht bereits 2014 fest, dass in krisenhaften Situationen mit starken Preissteigerungen kurzfristigere Anpassungen des Regelsatzes erfolgen müssen - auf Basis der aktuellen Zahlen. Nach Diakonie-Berechnungen ist der Regelsatz bei Erwachsenen rund 180 Euro zu niedrig, bei Kindern durchschnittlich 78 Euro.

"Das Leben in Deutschland verteuert sich spürbar. Der Regelsatz wurde zu Jahresbeginn jedoch gerade einmal um drei Euro angehoben. Das ist deutlich weniger als ein Prozent bei einer Inflationsrate von über sieben Prozent. Die Anpassung der Regelsätze ist lange überfällig. Der Gesetzgeber muss jetzt handeln", so Loheide weiter.

Am 9. Mai findet im Bundestag eine Verbände-Anhörung zum Gesetzentwurf zum Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz statt.
Zur Stellungnahme der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-der-diakonie-deutschland-zum-entwurf-des-sofortzuschlags-und-einmalzahlungsgesetzes

Weitere Informationen:
https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/armut
https://www.diakonie.de/bundestagswahl-2021/verlaessliches-existenzminimum