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Pressemeldungen

Einsatz für eine humanitäre Flüchtlingspolitik

Aktivisten der Gruppe "Coloured Rain" machen auf ihrem Protestmarsch Station in Speyer.

Speyer (is/lk). Gestern sind sie zu einem etwa 100 Kilometer langen Protestmarsch von Landau nach Mainz gestartet, heute haben sie vor dem Speyerer Dom Station gemacht: eine Gruppe von jungen Aktivisten der Gruppe „Coloured Rain“, die sich für eine humanitäre Flüchtlingspolitik einsetzt. Sie wollen mit ihrer Aktion auf die katastrophale Lage der vielen tausend Flüchtlinge aufmerksam machen, die in griechischen Flüchtlingslagern ausharren müssen. Sie fordern eine sofortige Evakuierung der Lager und die Aufnahme von mehr Geflüchteten in Deutschland.

Im Gepäck haben sie auf ihrem Marsch einen großen Briefumschlag, auf dem sie Unterschriften für ihr Anliegen sammeln und den sie in Mainz an die für Integration zuständige Ministerin Anne Spiegel überreichen wollen. In dem darin enthaltenen Brief fordern die Aktivisten die Abgeordneten des Landtages und die Landesregierung unter anderem dazu auf, ein Landesaufnahmeprogramm für Flüchtlinge zu starten und für sichere und legale Zugangswege nach Deutschland zu sorgen. Außerdem setzen sie sich für Quarantäne- und Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus in den Lagern und eine Legalisierung der Seenotrettung ein.

„Wir sind hier, weil wir unsere Forderungen direkt zur Landesregierung bringen wollen“, erklären die beiden Aktivisten Clara und Bjarne. Die Situation in den Flüchtlingslagern sei katastrophal. „Wir wollten nicht länger zusehen.“ Zu Beginn ihrer Protestaktion hatten die Aktivisten aus Landau mit einem Hungerstreik, der mit einer Mahnwache auf dem Rathausplatz der südpfälzischen Stadt verbunden war, auf ihre Forderungen aufmerksam gemacht. „Aber darauf haben wir keine Reaktion von der Politik bekommen, deshalb machen wir jetzt den Protestmarsch“, so die beiden jungen Vertreter der Gruppe „Coloured Rain“.

Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Kirchenpräsident Christian Schad nahmen sich am Nachmittag Zeit, um mit den Aktivisten zu sprechen. Sie bekundeten ihre Wertschätzung und ihre Unterstützung für die Forderungen der jungen Menschen und zollten ihnen Respekt und Dank für ihr Engagement.

„Das Engagement der jungen Menschen, die sich gegen die inhumanen Zustände auf der griechischen Insel Lesbos einsetzen, weitet unseren Blick. Gerade auch, weil uns die Coronakrise stark selbst beschäftigt, ist diese Solidarität wichtig, zu der wir auch als Christen berufen sind. Die Menschen im Lager haben nicht einmal genug Wasser, um sich die Hände zu waschen. Sie sind perspektiv- und hoffnungslos, es sind kaum Ärzte da“, erklärte Bischof Wiesemann. „Mitten in Europa sterben diese Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Zuständen. Die Flüchtlingskrise geht weiter und diese Menschen sind zu uns gekommen, weil sie vor Krieg und Gewalt geflohen sind. Wir sollten wenigstens versuchen, die Kinder und die Jugendlichen aufzunehmen. Es ist großartig, dass die jungen Menschen hier in Speyer auf dem Domplatz mit großem Engagement darauf aufmerksam machen“, lobte der Bischof.

„Ihr seht die Not und ihr handelt. Durch Euren Protestmarsch von Landau hierher nach Speyer und dann weiter über Ludwigshafen und Worms nach Mainz fordert ihr die Politik auf, den geflüchteten Menschen in Not zu helfen und ihnen bestmöglichen Schutz, Unterkunft und Versorgung zu bieten“, sagte Kirchenpräsident Schad. „Ihr fordert zu Recht die sofortige Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager oder zumindest Hilfe vor Ort, dass Europa und Deutschland ihrer Verantwortung gerecht werden“, erklärte er und versicherte: „Wir stehen als Kirche an Eurer Seite! Wir fordern sichere und legale Zugangswege für Flüchtlinge aus den Flüchtlingslagern in Libyen, dem Libanon und anderen Erstaufnahmeländern. Es bedarf eines dauerhaften Aufnahmeprogramms für die im Mittelmeer aus Seenot geretteten Personen, besonders: für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in griechischen Flüchtlingslagern.“ Schad verwies auf die Unterstützung eines Flüchtlingsprojektes der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Athen durch die Landeskirche und betonte: „Als Christinnen und Christen sehen wir in Jesus Christus den Bedürftigen, den Flüchtling, den Menschen. Lasst uns alle gemeinsam weiter konsequent für Menschlichkeit einstehen. Als Christinnen und Christen sehen wir im Notleidenden den Bruder und die Schwester.“

Zum Abschluss des Gesprächs beteten Bischof Wiesemann und Kirchenpräsident Schad mit den jungen Menschen und gaben ihnen den Segen Gottes mit auf den Weg. „Es soll eine gesegnete Mission werden. Ihr Anliegen soll Gehör und Aufmerksamkeit finden.“

Unterstützt werden die Aktivisten auch vom Caritasverband für die Diözese, Young Caritas und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Diözese Speyer sowie der Diakonie Pfalz.

"Die Corona-Krise darf uns nicht gegen das Elend der Menschen in den Flüchtlingslagern immun machen. Die Situation ist für die dort lebenden Menschen völlig inakzeptabel und eine Schande für die Europäische Union, die den Werten der Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit verpflichtet ist.  Auch Deutschland spielt hier eine unrühmliche Rolle. Anstatt zu helfen versteckt man sich hinter einer sogenannten ,Europäischen Lösung zur Verteilung der Flüchtlinge', wohl wissend, dass diese auf absehbare Zeit nicht zustande kommt", sagte Landespfarrer Albrecht Bähr im Gespräch mit den jungen Aktivist*innen.

Kirchen und Wohlfahrtsverbände in Rheinland-Pfalz haben sich bereits Ende April in einer Petition an die rheinland-pfälzische Landesregierung für ein Landesaufnahmeprogramm für Flüchtlinge stark gemacht.

Hier besteht die Möglichkeit, die Forderungen online zu unterstützen.

Der Aufruf im Wortlaut (PDF-Datei, 715 KB)

Hintergrundinformationen (PDF-Datei, 1019 KB)